Frage: Brauche ich auf jeden Fall einen Kappzaum für die Arbeit an der Biegung? 

... oder geht es auch mit einem normalen Halfter, in das ich links und rechts die Zügel einhänge?


Auf den ersten Blick scheint es, dass sich die Einwirkung eines Halfter und eines Kappzaumes ähneln. Ich führe ein Pferd und wenn ich links am Zügel zupfe, wendet es den Kopf nach links und und folgt mir auch in diese Richtung.
So auch beim Kappzaum...

Warum ist der Kappzaum trotzdem das bessere Kommunikationsmittel?

Wie wir bei der Antwort zur Stellung sehen, beeinflusst die Position des Pferdekopfes auch die Position der Hüfte. Diesen Zusammenhang machen wir uns zu Nutze, um dem Pferd die korrekte Bewegung auf der Zirkellinie (Volte, Ecke usw.) zu erklären.

Stellung beeinflusst die Biegung

Ein gerade gehaltener Kopf, die Nasenlinie vor der Senkrechten und die äußeren Backenzähne aufeinander liegend, geben der Wirbelsäule des Pferdes eine gleichmäßige Biegung vor, die sich bis zur Hüfte fortsetzen sollte. Die dadurch vorgelagerte innere Hüfte ermöglicht es dem inneren Hinterbein, weit Richtung Schwerpunkt zu schwingen und dort Gewicht aufzunehmen.

Wird der Kopf vom Pferd zwar nach innen gedreht, aber es verwirft sich im Genick, dann kann die Biegung im Bereich des ersten und zweiten Halswirbels schon nicht mehr richtig eingeleitet werden. Die Folge ist eine falsch gelagerte innere Hüfte und ein ausweichendes Hinterbein.

                                                               Einwirkung am Halfter sehr ungenau

Beim Halfter, auch wenn es gut sitzt, kann das alles passieren. Der seitliche Impuls und die Führung des Kopfes ist zu ungenau. Ein Pferd, welches die optimale Kopf/Hals-Haltung noch nicht kennt oder dem diese Bewegung zu anstrengend ist, kann so auf vielfältige Weise ausweichen. 

Also nicht nur durch Verwerfen im Genick, sondern z.B. auch durch ein Wegdrehen des Kopfes im Halfter. Dann ist der Hals zwar nach innen gebogen, aber der Kopf schaut nach außen. 

In jedem dieser Fälle wird der Zweck der Übung nicht erreicht.Ein gut sitzender Kappzaum nimmt gezielter auf den Pferdekopf Einfluss.
Der Nasenriemen mit den drei Ringen wird durch einen Genickriemen gehalten. Er wird nur so stark angezogen, dass das Pferd immer noch problemlos ein Leckerli fressen kann.



Ergänzt wird das Ganze durch den Unterkieferriemen/Ganaschenriemen. Dieser hat am Oberkiefer keinen direkten Gegenpart und kann gut anliegend geschlossen werden, ohne das Pferd dadurch einzuengen.
Insgesamt liegt ein Kappzaum sehr gut am Pferdekopf an. Die Gefahr, dass bei einem seitlichen Impuls der äußere Backenriemen ans Auge rutscht besteht dann so gut wie nicht.


So angepasst erfüllt der Kappzaum verschiedene Zwecke:

  1. Die Führung am mittleren Ring auf der Nasenmitte setzt über den Oberkiefer direkt am vorderen Ende der Wirbelsäule des Pferdes an. Damit kann ich nicht nur den Pferdekopf, sondern auch die anschließende Wirbelsäule exakt platzieren und somit sicher stellen, dass das Pferd die von mir gewünschte Biegung auch einnimmt.
  2. Nachdem das Pferd die Einwirkung über den Kappzaum kennen gelernt hat, kann man auch Zügel in die seitlichen Ringe einschnallen. Da die korrekte Reaktion des Pferdes beider Arbeit vom Boden aus schon geübt wurde, kann ich sie jetzt auch mit der Zügelführung abfragen. Diesen Effekt mache ich mir beim Reiten zu nutze, wobei ich mit der Kombination von Kappzaum und Gebiss das Pferd sanft in die Biegungen führen kann.
  3. Über den Backenriemen geht der Impuls auch an den Unterkieferriemen und unterstützt dadurch das Pferd dabei, seine äußeren Zahnreihen aufeinander liegen zu lassen. Dies ist für ein korrekte und schmerzfreie Stellung und Biegung unbedingt notwendig.
  4. Zu guter Letzt, aber wahrscheinlich mit am Wichtigsten, ist, dass ein gut angepasster Kappzaum fürs Pferd bequem zu tragen ist. Er schlackert in der Bewegung nicht am Kopf und ermöglicht trotzdem eine Kaubewegung.  Das macht eine feine Hilfengebung möglich, da der Kappzaum nur "wackelt", wenn ein Impuls über die Longe erfolgt. Die Informationen fürs Pferd können also sehr vorsichtig gegeben und vom Pferd also solche auch rasch verstanden werden. Dies ist eine Grundvoraussetzung für schnellen und nachhaltigen Lernerfolg.

In die Auswahlkriterien eines Kappzaumes sollte nicht nur die Sensibilität des Pferdes mit einbezogen werden, sondern auch der Ausbildungsstand des Longenführers. Solange er noch an seiner Körperbeherrschung und Signalsprache arbeitet, tut er seinem Pferd mit einem gut gepolsterten Kappzaum einen großen Gefallen.